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Troja - Metamorphosen eines Mythos - Französische, englische und italienische Überlieferungen des 12. Jahrhunderts im Vergleich
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Troja - Metamorphosen eines Mythos - Französische, englische und italienische Überlieferungen des 12. Jahrhunderts im Vergleich
von: Kordula Wolf
De Gruyter Akademie Forschung, 2008
ISBN: 9783050045801
348 Seiten, Download: 4382 KB
 
Format:  PDF
geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop

Typ: A (einfacher Zugriff)

 

 
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Leseprobe

II. Metamorphosen eines Mythos (S. 63-65)
Nicht von in neue Gestalten verwandelten Wesen gilt es nun zu erzählen, sondern im Sinne der griechischen ,Metamorphose - ,die „Umgestaltung" des Troja-Mythos im 12. Jahrhundert zu analysieren. Nicht um Verwandlungsgeschichten im Ovidschen Sinne geht es also, sondern um sich verändernde Geschichten und Geschichtensplitter, um den Troja-Mythos im Wandel sowie seine Wandlungsfähigkeit zwischen den Polen individueller Kreativität, traditioneller Gebundenheit und kollektiven Rückbezugs.

4. Variabilität
Ein Mythos erzählt etwas und wird, falls die Erzählung oder einzelne ihrer Elemente Signifikanz besitzen, weitererzählt. Das Erzählen kann in ganz unterschiedlicher Weise geschehen, nicht nur in Form einer mündlichen oder schriftlich fixierten Narration, sondern auch durch ein Bild, ein Monument, ein Zeremoniell, ein Wappen, einen Stammbaum oder ähnliches. Wie durch „Stille-Post"-Effekte verändert sich die Erzählung dabei ständig, wobei man sich diese permanenten Veränderungen zeitgleich und zeitversetzt an verschiedenen Orten vorstellen muss. Der Überlieferungslage nach sind es für das 12. Jahrhundert überwiegend schriftliche Erzählungen, in denen der Troja-Mythos thematisiert wurde. Wo es vereinzelte Hinweise auf mündliche Traditionen oder andere Darstellungsmedien visueller Art gibt, werden diese nach Möglichkeit in die Untersuchung einbezogen. Rückschlüsse auf mündlich weitergegebene Erzählungen sind indessen nur aus schriftlichen Zeugnissen zu erhalten, sodass sich die Analyse des Variabilitätsaspekts notwendigerweise auf diese Form der Überlieferung stützen muss.

Greifbar wird die Wandlungsfähigkeit des mythischen Troja-Stoffs zuallererst anhand der äußeren Gestalt und der Art des Bezugs auf ihn. Darüber hinaus zeugen auch die dargestellten Details von der Variabilität. Beschreibungen von Ereignissen, Wanderungen, Orten und involvierten Personen geben Auskunft darüber, welche Informationen vom Autor als signifikant empfunden oder zumindest als notwendige Erzählbausteine angesehen wurden. Die niedergeschriebenen Einzelheiten rekurrierten auf vorhandene Schriften, Gehörtes oder Gesehenes und spiegeln einen Selektionsprozess wider, den es vertiefend in den Werken des Sicard von Cremona, Rigord und Geoffrey von Monmouth zu untersuchen gilt.

Bei der Analyse des Variabilitätsaspekts liegt der Schwerpunkt auf der textlichen Ebene. Zunächst werden die einzelnen Informationen über Troja und die Trojaner bei den drei als exemplarisch ausgewählten Autoren referiert und miteinander verglichen. Zu achten wird auch auf die Stellung der entsprechenden Passagen innerhalb des Gesamtwerks sein, weil sich hieraus weitere Hinweise auf die dem Mythos jeweils beigemessene Bedeutung ergeben. Schließlich werden Sicards, Geoffreys und Rigords Troja- Erzählungen in den zeitgenössischen Troja-Diskurs eingeordnet, indem versucht wird, ein dichtes Netz an Mythemen zu rekonstruieren.

4.1 Drei Versionen eines Herkunftsmythos
Überlebende Trojaner wandern nach dem Fall Trojas in andere Gebiete, es entstehen neue soziale Gruppen und Verbände, Herrschaften und Siedlungen werden gegründet, kulturelle Neuerungen eingeführt. Nach diesem Prinzip sind die Erzählungen bei Sicard von Cremona, Rigord und Geoffrey von Monmouth aufgebaut. Man könnte auf den ersten Blick meinen, nur die Hauptfigur ändere sich, und was hier Aeneas vollbringe, das leiste da Francio oder Brutus. Dem ist jedoch nicht so. Schaut man genauer hin, dann begegnen bisweilen überraschende Details, die mehr darüber verraten, mit welch subtilen Waffen gelehrte Schreiber ihre eigenen Interessen oder diejenigen ihrer Auftraggeber bzw. des angedachten Publikums in Worte zu hüllen suchten. Dasselbe Erzähldetail dient dem einem zum Angriff und dem anderen zur Verteidigung, dem einen gibt es Anlass zur Profilierung im Kampf, während der andere ihm auf ein Feld ausweicht, das der Feind noch nicht erreicht hat.



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