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Über die Wirkungsmacht der Rede - Strategien politischer Eloquenz in Literatur und Alltag
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Über die Wirkungsmacht der Rede - Strategien politischer Eloquenz in Literatur und Alltag
von: Jan C. L. König
Vandenhoeck & Ruprecht Unipress, 2011
ISBN: 9783862348626
556 Seiten, Download: 4597 KB
 
Format:  PDF
geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop

Typ: B (paralleler Zugriff)

 

 
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Leseprobe

4 Schlußbetrachtung und Ausblick (S. 373-374)

4.1 Rhetorische Diskursanalyse und politische Rede


Obwohl die Sprache ein so diffuses, flüchtiges Medium ist, kann sie eine ungeheure Wirkung entfalten, denn nur durch Sprache kann ein Redner seine eigenen Gedanken in Worte kleiden, die seine Mitmenschen unsichtbar erreichen. Tatsächlich handelt es sich bei dieser faszinierenden Erkenntnis um genau die Erscheinung, die Wilhelm Busch zu Beginn von Maler Klecksel so humorvoll beschreibt, wenn er von der Segelflotte der Gedanken spricht, die auf des Schalles Wellen in des Ohres Hafen einfahren (Busch 2008: 617). Buschs Worte müssen dabei ein wenig an eine Aussage Quintilians erinnern, denn auch jener beschrieb die Art und denWeg, den die Gedanken mittels Sprache zu einem Mitmenschen nehmen:

Daher scheinen mir die Gedanken durch dieWortfügung wie durch bestimmte Riemen und Sehnen ihre Spannung und ihren Schwung zu erhalten. […] weil nichts den Zugang zu den Gefühlen zu finden vermag, das im Ohr schon wie in einem Vorzimmer sich unliebsam bemerkbar macht […] (Quintilian 2006b: 369; inst. IX 4,9 f.). Das Ohr, das bei Busch als Hafen beschrieben wird, ist in der Vorstellung Quintilians also ein »vestibulum« (cf. ibid.: 368), die Eingangshalle zur Seele des Menschen, und obwohl es kaum anzunehmen ist, daß sich Busch in seiner Geschichte auf Quintilian bezieht, so wird doch deutlich:

Die Idee der Rhetorik, der wirkungsvollen Sprache und ihrer Deutung, ist universell, sie ist nicht auf die Zeit ihrer Erfindung in der Antike beschränkt, sondern heute noch genau so gültig wie vor zweieinhalbtausend Jahren, und sie führt auch heute zu vergleichbaren Vorstellungen und Ergebnissen. Dies mag daran liegen, daß die Beschaffenheit der Sprache gleich geblieben ist, es liegt aber auch daran, daß Reden Ziele verfolgen, die in ihrer Motivation und Absicht stets vergleichbar sind, und es erklärt sich mit der beobachtenden Perspektive der Rhetorik, die ihre Gültigkeit bis heute auch deshalb behalten hat, weil sie in der Antike mit Empirie, Präzision und Allgemeingültigkeit begonnen wurde:

Die grundsätzlichen Begrifflichkeiten, Definitionen und Arbeitsabläufe wurden so gewählt, daß sie jederzeit für eine beliebige Rede anwendbar sind. Dadurch, daß die Elemente und Abschnitte einer Rede immer bestimmte Funktionen übernehmen und bestimmten Bedingungen unterliegen müssen, bleibt die Rhetorik bis in die Gegenwart die ausgereifteste, umfassendste und genaueste Methodik, um entweder selbst wirkungsvoll zu kommunizieren oder um Kommunikation auf ihre Wirkungskonstruktion zu untersuchen.

Die Verwendung der klassischen, wissenschaftlich reflektierten Rhetorik für heutige politische Kommunikation im allgemeinen und politische Reden im speziellen ist darüber hinaus noch durch einen weiteren, signifikanten Aspekt gerechtfertigt und auch geboten: »Unsere Verfassung beruht auf einem Politikbegriff, der im 5. Jahrhundert vor Christus angelegt wurde und sich mit einer Erfindung der Rhetorik verband« (Pörksen 2005: 6). Die Verknüpfung von aktueller Politik mit Rhetorik ist somit eine logische Schlußfolgerung, die sich aus den historischen Wurzeln heutiger Politik ergibt, und an der sich die moderne Kommunikationsforschung orientieren muß.



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